Was steckt in meiner Wand?


Wie Hausbesitzer den Wandaufbau selbst erkennen – und was sie daraus lernen können
Wer eine energetische Sanierung plant, steht früher oder später vor der Frage: Wie ist meine Außenwand eigentlich aufgebaut? Diese Information entscheidet über die Machbarkeit, die Wirtschaftlichkeit und die Förderfähigkeit von Sanierungsmaßnahmen – und doch kennen viele Eigentümer die Antwort nicht.
Ein typischer Fall: Josef Gauer, 67, lebt in einem freistehenden Einfamilienhaus, Baujahr 1968. Seit Jahren denkt er über eine Dämmung nach, aber er möchte nicht ins Blaue hinein sanieren. „Bevor ich etwas investiere, will ich wissen, was da drin steckt“, sagt er. Eine Haltung, die viele teilen – und die genau richtig ist.
1. Einstieg über Bauunterlagen und Bohrprobe
Josef beginnt dort, wo es oft noch Hinweise gibt: im Keller bei den alten Bauunterlagen. In einem vergilbten Bauplan findet er die Angabe: „Außenwand: 30 cm Bims-Hohlblockstein“. Ein guter erster Anhaltspunkt – aber bei älteren Gebäuden nicht zwingend verlässlich. Anbauten oder Umbauten sind oft nicht dokumentiert.
Also bohrt Josef an einer unauffälligen Stelle im Keller in die Wand, befestigt eine transparente Plastiktüte direkt unter dem Bohrloch und fängt den Staub auf. Das Ergebnis: hellgrauer, poröser, leichter Staub – ein klares Zeichen für Bimsstein.
2. Wandstärke messen und U-Wert berechnen
Im nächsten Schritt misst Josef die Tiefe einer Fensterlaibung: 41 cm. Zieht man jeweils 3 cm für Innen- und Außenputz ab, ergibt sich eine reine Wandstärke von rund 35 cm – passend zum Material laut Bauplan und Bohrprobe.
Mit diesen Informationen nutzt Josef den Online-U-Wert-Rechner auf www.u-wert.net. Das Ergebnis: Ein U-Wert von ca. 1,2 W/(m²·K). Zum Vergleich: Neubauten dürfen maximal 0,24 W/(m²·K) erreichen.
3. Warum dieses Wissen so wertvoll ist
Für Josef steht fest: Die Wand dämmt schlecht – eine energetische Verbesserung ist sinnvoll. Gleichzeitig weiß er jetzt, welche Maßnahmen realistisch sind und ob sich ein Förderantrag lohnt. So wie Josef geht es vielen Eigentümern: Sie möchten ihr Haus modernisieren, wissen aber zu wenig über die vorhandene Bausubstanz.
Mit einfachen Mitteln wie Bauunterlagen, einem Bohrtest und einem Maßband lassen sich die wichtigsten Kenndaten der Außenwand oft zuverlässig bestimmen – eine solide Grundlage für jede energetische Planung.
4. Typische Wandmaterialien im Überblick
Die folgende Tabelle zeigt gängige Mauerwerksarten, ihre Eigenschaften und typische Wärmeleitfähigkeiten (λ-Werte), die für die U-Wert-Berechnung relevant sind:
Material | Verwendung (ca.) | Staubcharakter | Wärmeleitfähigkeit λ [W/(m·K)] | Besonderheiten |
---|---|---|---|---|
Bims-Hohlblockstein | 1950–1980er | Hellgrau, leicht, porös | 0,25 – 0,35 | Günstig, leicht, mittlerer Wärmeschutz |
Hochlochziegel | 1930 bis heute | Rötlich, hart | 0,45 – 0,70 | Standard-Material, gute Tragfähigkeit |
Kalksandstein | 1920 bis heute | Weißlich, hart, körnig | 0,90 – 1,40 | Sehr massiv, hoher Schallschutz, schlechter U-Wert |
Porenbeton (z. B. Ytong) | ab 1960 | Weiß, kreidig, sehr leicht | 0,09 – 0,13 | Sehr gute Dämmung, gering belastbar |
Vollziegel | bis ca. 1945 | Rötlich, dicht, schwer | 0,70 – 0,90 | Hohe Speicherfähigkeit, hoher U-Wert |
Stahlbeton | ab 1950 | Grau, sehr schwer | 1,40 – 2,10 | Tragfähig, thermisch sehr ungünstig |
Fazit: Wer sein Haus kennt, saniert besser
Josefs Beispiel zeigt: Mit einfachen Mitteln lassen sich die wichtigsten Daten zur Außenwand gewinnen – ganz ohne großes technisches Wissen. Wer Material und Wanddicke kennt, kann nicht nur den energetischen Zustand besser einschätzen, sondern auch gezielt Fördermittel nutzen und eine realistische Planung vornehmen.
Wenn Sie Unterstützung bei der Bewertung oder energetischen Modernisierung Ihres Hauses benötigen, stehe ich Ihnen als zertifizierter Gebäudeenergieberater gerne zur Seite – persönlich, vor Ort oder digital.